Anstatt eines Leitbildes ... Leitsätze
Wie entwickelt ein Ausbildungskollegium ein Leitbild,
wenn
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der Seminarstandort Frankfurt am Main heißt,
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drei Lehrämter vertreten sind,
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die Berufserfahrung der Kolleginnen und Kollegen in der Spanne zwischen 2 Monaten und 40 Jahren liegt,
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Fluktuation von Kolleginnen und Kollegen mit Ausbildungsauftrag immer neue Verständigung und Teambildung erfordert,
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die zentralen Aussagen eines Leitbildes von möglichst vielen Kolleginnen und Kollegen akzeptiert werden sollen als:
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Legitimation des Handelns,
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Orientierung an einem Wertesystem,
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Motivation und Identifikation,
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und wenn die zentralen Aussagen eines Leitbildes im Kern das Studienseminar als lernendes System mit dem Anspruch einer ständigen Weiterentwicklung beschreiben sollen, also Visionäres zum Arbeitsgrundsatz gehört?
Ohne Zweifel, der Anspruch ein Leitbild zu formulieren, führt ein Kollegium erneut zur intensiven Diskussion über Ziele, Inhalte und Methoden der Ausbildung, über Kooperationsformen, Wertesysteme und Dispositionen, Fragen zum Menschenbild und vieles mehr.
Strategien der Wissensgenerierung, Kompetenzmodelle und Formen der Evaluation werden befragt im Kontext eines zukunftsorientierten Bildungsmonitoring.
Eine Systematisierung der Diskussionsansätze führt zur Fortschreibung des Seminarprogramms. Die Reduktion auf Grundaussagen bleibt farblos, wenn diese nicht im konstruktivistischen Sinne zur Auseinandersetzung führen.
Das Kollegium des Studienseminars hat sich auf folgende Leitsätze verständigt:
1. Das Studienseminar begleitet Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV) auf ihrem Weg zwischen Universität und selbstständiger Berufstätigkeit mit dem Ziel, professionelle Handlungskompetenzen und Berufsethik aufzubauen. Dazu gehören im wesentlichen wissenschaftliche, pädagogische, didaktische, methodische und systemisch-soziale Kompetenzdimensionen. Standards dienen dabei als Orientierungsrahmen.
2. Das Studienseminar nimmt den besonderen Erziehungsauftrag, der sich aus dem Seminarstandort Frankfurt am Main im Bereich des interkulturellen Lernens und der sozialen Heterogenität ergibt, verantwortungsvoll wahr. Das Verstehen unterschiedlicher Identitätskonstrukte ist Teil des politischen und sozialen Lernens. Integration und Förderung der individuellen Entwicklung sind Prinzip.
3. Das Studienseminar versteht sich als Lernort, an dem eigenverantwortliches, erfahrungs- und problemorientiertes Lernen sowie kooperatives Handeln ermöglicht und gefordert werden. Professioneller Kompetenzerwerb stellt sich als selbstgesteuerter berufsbiografischer Lernprozess dar, der durch die dialogisch gestaltete kollegiale Beratung aller an der Ausbildung Beteiligten aus den verschiedenen Institutionen begleitet wird.
4. Das Studienseminar versteht sich als lernende Organisation. Es fördert eine forschend-reflexive Grundhaltung gegenüber der eigenen Tätigkeit. Es unterstützt die Selbstreflexion und Weiterqualifikation von LiV und Ausbildungskollegium im Sinne eines lebensbegleitenden Lernens und überprüft die Standards durch kontinuierliche Evaluation und die Zweite Staatsprüfung.
5. Das Studienseminar wirkt bei der Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht mit. Es ist bemüht, Beiträge von Schulen, Universität sowie regionalen Modellvorhaben aufzugreifen und Kooperation im Kontext dieser gemeinsamen Zielorientierung zu kultivieren.
6. Das Studienseminar unterstützt die LiV bei der kontinuierlichen Reflexion gesellschaftlicher und kultureller Transformationsprozesse, insbesondere in einer Kultur der Digitalität. Es versteht zeitgemäße Bildung und Lehrkräfteausbildung als Befähigung zur gesellschaftlichen Teilhabe an einer digital durchdrungenen Welt. Das beinhaltet auch eine normativ-kritische Positionierung zu den Veränderungsprozessen im Kontext demokratischer Werte. (Ergänzt 12/2022)